Beckenboden: Training und Übungen

Schwangerschaft, Inkontinenz, Menopause oder Zustand nach Prostatakrebs – Probleme mit dem Beckenboden haben verschiedene Ursachen. Der Bereich des Beckenbodens ist oftmals schwer spürbar, allerdings kann jeder lernen, die Beckenbodenmuskulatur zu trainieren und entsprechend zu stärken. Ähnlich wie bei anderen Übungen umfasst das Beckenbodentraining Entspannungs- und Spannungsübungen. Zur Kräftigung dieses wichtigen Muskels reichen ein paar Minuten tägliches Training aus. Frühzeitig angewendet, beugen Übungen gegen einen zu schwachen Beckenboden viele Leiden vor, von denen primär Frauen in zunehmendem Alter betroffen sind. Kurze Beckenbodengymnastik hilft dabei, den Beckenboden effektiv zu unterstützen.

Was ist der Beckenboden?

Medizinisch betrachtet ist der Beckenboden eine Muskelplatte, die die Beckenorgane als auch den Bauchraum von unten abschließt. An den Rändern ist der Beckenboden nach oben gebogen. Die muskulären Stränge verlaufen vom Schambeinknochen bis zum Steiß- und Kreuzbein. In den seitlichen Bereichen verleihen beide Sitzbeinhöcker den Muskeln entsprechenden Halt. Öffnungen in der Muskelplatte sind für die Harnröhre, den Enddarm und die Scheide vorgesehen. Daher kommt der Beckenbodenmuskulatur beim Wasserlassen, Stuhlgang, Geschlechtsverkehr und der Geburt besondere Bedeutung zu. Außerdem ist der Damm sowohl bei Frauen als auch Männern ein Teil des Beckenbodens.

Aufgaben des Beckenbodens

Die Anatomie des Beckenbodens ist multifunktional und erfüllt trotz seiner dünnen Schicht höchst anspruchsvolle Aufgaben. Beckenbodenmuskeln umgeben den Geburtskanal, sie verschließen die Ausscheidungsorgane und bilden den unteren Abschluss des Rumpfes. Infolge der Schwerkraft lastet auf der Beckenbodenmuskulatur permanenter Druck, der situationsbedingt durch Heben, Husten oder Springen erhöht wird und elastisch abfedert.

Das muskuläre Geflecht besteht aus drei Schichten, deren unterschiedliche Funktionen getrennt voneinander wahrgenommen werden können. Im untersten Bereich verläuft eine Schicht zwischen Steißbein und Schambein, gefolgt von der mittleren Schicht, die die Sitzhöcker und Schambeinäste quer miteinander verbindet. Die innerste Schicht verzurrt das Becken mithilfe von fächerförmig und längs verlaufenden Fasern, um größtmögliche Stabilität zu gewährleisten. Für ein wirkungsvolles Training ist es ausreichend, den Beckenboden als Einheit, aber dennoch präzise wahrzunehmen.

Warum den Beckenboden trainieren?

Bewegungsmangel und langes Sitzen reichen aus, damit die Beckenmuskulatur zu schwächeln beginnt. Hinzu kommen schlechte Haltungsangewohnheiten und Übergewicht. Daher ist das Beckenbodentraining sowohl für Männer als auch Frauen geeignet und in allen Altersgruppen empfehlenswert. Grundsätzlich sind Frauen häufiger von einer schwachen Beckenbodenmuskulatur betroffen als Männer, was vor allem daran liegt, dass Beckenbodenprobleme durch eine Geburt ausgelöst werden können. Daher ist mangelnde Rückbildungsgymnastik nach der Entbindung einer der größten Risikofaktoren für spätere Beschwerden.

Durch gezielte Übungen gelingt es, den Beckenboden zu stärken und damit den Körper vor Inkontinenz zu schützen. Kräftige Beckenbodenmuskeln kontrollieren die Schließfunktion von After und Harnröhre und steigert die Freude am Sex. Bei Männern beugt ein starker Beckenboden gegen Impotenz vor.

Beckenboden richtig anspannen

Um den eigenen Beckenboden richtig zu spüren, nimmt man Bilder zu Hilfe. Ein Bild, das sich gut zur Vorstellung eignet, ist ein Zirkuszelt, das nach innen und oben gezogen wird, wie als würde man es aufstellen. Die Gesäßmuskeln bleiben dabei entspannt und locker, da nur der Beckenboden anspannen soll.

Frauen nach einer Geburt sollten zunächst acht bis 12 Wochen warten, um mit dem Beckenbodentraining zu beginnen. Hier ist es auf jeden Fall wichtig, vorher alle Übungen mit einem/einer Therapeuten/in abzusprechen.

Diese Beckenbodenübungen gibt es

Idealerweise reichen drei knappe Übungsintervalle pro Tag aus. Es ist sinnvoller, kurze Einheiten zu praktizieren, als lange ausgedehnte Trainings zu absolvieren. Alle Übungen können fünf bis zehn Mal wiederholt werden. Sobald sich der Beckenboden stärker anfühlt, steigert man auf bis zu 15 Durchgänge. Gesäß- und Bauchmuskeln bleiben möglichst locker, die Atmung setzt sich trotz Anspannung des Beckenbodens gleichmäßig fort. Es empfiehlt sich, vor dem Training die Blase zu entleeren.

Unsere hier aufgeführten Übungen zielen auf die Kräftigung des Beckenbodens ab. Oftmals ist aber der Beckenboden eher verspannt. Hierzu dienen spezifische Atem- und Entspannungsübungen. Fragen Sie hierzu einfach Ihre/n Therapeut/in.

Eine kräftige Beckenbodenmuskulatur kann mit diesen Übungen erzielt werden:

Bein heben

Aufrecht stehen und die Füße schulterbreit auseinanderstellen. Beide Arme waagrecht ausstrecken und das rechte Bein in Richtung Brust ziehen. Bei diesem Bewegungsablauf wird der Beckenboden automatisch angespannt. Die Position ein paar Minuten halten und zur anderen Seite wechseln. Fortgeschrittene wippen mit dem angehobenen Knie in der Luft oder strecken das gebeugte Bein nach vorne aus und verharren einige Sekunden in dieser Stellung.

Brücke bauen

Auf den Rücken legen und die Beine anstellen. Die Fersen zu Boden drücken sowie gleichzeitig den Beckenboden anspannen. Mit dem Ausatmen das Becken so weit anheben, bis die Oberschenkel mit dem Oberkörper eine gerade Linie bilden. Beide Arme liegen neben dem Körper, während die Spannung für mehrere Sekunden aufrecht gehalten wird.

Fahrstuhl fahren

Auf den Rücken legen und die Beine leicht gegrätscht aufstellen. Tief einatmen. Beim Ausatmen den Beckenboden anspannen und in die Mitte des Körpers ziehen. In Gedanken die Beckenbodenmuskulatur wie einen Fahrstuhl ein paar Stockwerke hochziehen und die Spannung halten. Danach einatmen und den Aufzug wieder nach unten fahren lassen. Hierbei ein Hohlkreuz vermeiden und während der gesamten Übung das Becken auf der Matte liegen lassen.

Gras zupfen

Patienten und Patientinnen, die schon ein wenig Erfahrung mit Beckenbodenübungen haben, können gerne noch diese Übung probieren. In Sitzhaltung mit leicht gegrätschten Beinen aufrecht auf einem Stuhl Platz nehmen, ohne den Rücken anzulehnen. Dabei stellt man sich vor, man würde auf einer Wiese sitzen und mit dem Beckenboden einen Grashalm auszupfen. Diese Bewegung muss mit einer schnellen Anspannung der Muskulatur einhergehen und trainiert damit die schnellen Fasern des Beckenbodens.

In welchen Lebensphasen ist das Beckenbodentraining wichtig?

Immer! Bereits in jungen Jahren lässt sich Beckenbodengymnastik ins Training integrieren und ist bis ins hohe Alter beizubehalten. Aus biologisch-medizinischer Perspektive gibt es keinen ursächlichen Grund, warum ältere Menschen inkontinent werden sollten. Hier ist Beckenbodentraining eine sehr wichtige Präventionsmaßnahme.

Wie lange dauert es, bis der Beckenboden trainiert ist?

Wann der Beckenboden wieder vollständig trainiert ist, hängt von der individuellen Fähigkeit ab, den Beckenbodenmuskel zu stärken. Nach einer Geburt bildet sich dieser wieder zurück, allerdings ist dieser Prozess wesentlich schneller, wenn der Beckenboden bereits vor der Schwangerschaft gut trainiert war. Je nach Schweregrad der Beckenbodenschwäche dauert der Übungszeitraum von einem bis zu sechs Monate.

Co/ Autorin: Barbara Oehl